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Aktuelles aus unseren Rechtsgebieten

Familienrecht 

Scheidung: Getrenntleben trotz gemeinsamer Wohnung

[OLG Frankfurt a.M. v. 28.3.2024 – 1 UF 160/23]

Die Annahme des Getrenntlebens der Ehegatten erfordert ein Höchstmaß an Trennung, das sich an den räumlichen Verhältnissen orientiert.
Verbleibende Gemeinsamkeiten in Form von gemeinsamen Mahlzeiten, Erledigungen und von Besorgungen und Einkäufen für den anderen stehen der Trennung nicht entgegen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen. Gleiches gilt für ein freundschaftliches, anständiges und vernünftiges Verhältnis der Ehegatten zueinander, insbesondere wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben.

Das OLG Frankfurt a.M. gab der Beschwerde einer Ehefrau auf Feststellung eines früheren Trennungszeitpunkts statt.

Sie benötigen Hilfe zum Thema Scheidung?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent.

Arbeitsrecht

Verbot der Nutzung von Smartphones – Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

[BAG v. 17.10.2023, -1 ABR 24/22]

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht hat, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern verbietet, Smartphones während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken zu nutzen, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung zu gewährleisten.

Haben Sie Fragen zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Erbrecht 

Der Grundbuchberichtigungsantrag muss innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall gestellt werden, ansonsten können hohe Kosten entstehen. Keine Verlängerung bei Unverschulden.

[OLG Karlsruhe Beschl. v. 22.12.2023 – 19 W 95/22]

Ein Mann hat ein Grundstück geerbt. Kurz nach dem Erbfall weist ihn das Grundbuchamt darauf hin, dass er als Erbe verpflichtet ist, unter Vorlage eines Erbnachweises die Grundbuchberichtigung zu veranlassen. Obwohl er darüber informiert wurde, stellt der Mann zunächst keinen entsprechenden Antrag, da er über zwei Jahre um einen Erbschein kämpft. Als er diesen endlich erhält, fordert ihn das Grundbuchamt erneut auf, einen Berichtigungsantrag zu stellen, was er daraufhin auch tut. Das Grundbuch wird berichtigt und dem Mann Gebühren von über 1.000 Euro in Rechnung gestellt. Der Mann ist der Ansicht, dass die Grundbuchberichtigung gebührenbefreit sein müsse.

Dies ist nach Auffassung des OLG Karlsruhe nicht richtig. Eine Grundbuchberichtigung löst grundsätzlich Gebühren aus, auch dann, wenn das Gesetz eine Verpflichtung zur Grundbuchberichtigung vorsieht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Antrag auf Grundbuchberichtigung innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall gestellt wird. In diesem Fall tritt eine Gebührenbefreiung ein. Die Zweijahresfrist verlängert sich nicht, wenn der Antrag aufgrund von Verzögerungen im Erbscheinsverfahren verspätet gestellt wird. Es ist unerheblich, ob die Zweijahresfrist unverschuldet versäumt wurde. Ob die Gebührenermäßigung in Anspruch genommen werden kann, wenn ein Berichtigungsantrag gestellt wird, obwohl dieser mangels Erbnachweis noch nicht vollzugsreif ist, klärt das Gericht nicht abschließend.

Haben Sie Fragen zu erbrechtlichen Ansprüchen?

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Familienrecht 

Zur Verwertbarkeit der Angaben in einer Begründung eines Gewaltschutzantrags im Strafverfahren trotz Zeugnisverweigerungsrechts

[Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2024 – 1 ORs 36 SRs 752/23 -]

Macht eine Zeugin in einem Strafverfahren gegen ihren Ehemann von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, bleiben ihre Angaben gegenüber dem Familiengericht zur Begründung eines Gewaltschutzantrags dennoch verwertbar. Die Vorschrift des § 252 StPO (Protokollverlesung nach Zeugnisverweigerung) greift in diesem Fall nicht, da sie nur für amtlich initiierte Vernehmungen gilt. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.

Sie benötigen Hilfe zum Thema „Gewaltschutz“?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent.

Zivilrecht / Arzneimittelgesetz

Corona: Kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen Impfstoffhersteller

[LG Frankfurt a.M. v. 14.2.2024 – 2-12 O 264/22]

Ein Schmerzensgeldanspruch im Zusammenhang mit der Verabreichung eines Impfstoffes gegen das SARS-CoV-2-Virus scheidet aus, wenn der verwendete Impfstoff kein unvertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist. Ist die Nutzen-Risiko-Abwägung bei der Erstzulassung des Impfstoffes positiv ausgefallen, kann sich eine Haftung nach der einschlägigen Vorschrift des § 84 AMG nur auf nach der Zulassung entdeckte schädliche Wirkungen beziehen.

Solche negativen Risiken sind aber nicht nachträglich bekannt geworden.

Haben Sie allgemeine Fragen zu Entschädigungs- & Schmerzengeldansprüchen? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Arbeitsrecht

Keine Entschädigung wegen rechtsmissbräuchlicher Bewerbung als Sekretärin

[LAG Hamm v. 5.12.2023 – 6 Sa 896/23]

Einem Entschädigungsanspruch nach dem AGG kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs u.a. auch dann entgegenstehen, wenn sich ein Kläger systematisch auf eine Vielzahl von AGG-widrig ausgeschriebenen Stellen als „Sekretär“ im Sinne eines von ihm entwickelten Geschäftsmodells „2.0“ nur deshalb bewirbt, um Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend zu machen und hierdurch seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Das LAG entschied:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein durchsetzbarer Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 AGG zu. Es könne dahinstehen, ob ein solcher Anspruch dem Grunde und der Höhe nach bestehe. Der Geltendmachung des Anspruchs, d.h. seiner Durchsetzbarkeit, steht jedenfalls der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegen.

Haben Sie Fragen zu den Entschädigungsansprüchenaus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Arbeitsrecht

Eine Täuschung über eine Impfunfähigkeit kann eine arbeitgeberseitige Kündigung rechtfertigen

[BAG v. 14.12.2023 – 2 AZR 55/23]

Die unter der Geltung des § 20a IfSG aF wahrheitswidrige Erklärung eines im Krankenhaus beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, aufgrund einer ärztlichen Untersuchung (Anamnese) sei festgestellt, dass er vorläufig nicht gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geimpft werden könne, stellt eine erhebliche Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar, die „an sich“ geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

Haben Sie Fragen zu den Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis oder gar eine außerordentliche Kündigung erhalten? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Verkehrsrecht / Verkehrssicherungspflicht

Wurzelschaden auf Radweg: Gestürzter Rennradfahrer scheitert mit Schadensersatzklage gegen Gemeinde

[LG Frankenthal (Pfalz) vom 31.8.2023 – 3 O 71/22]

Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat die Schadensersatzklage eines Rennradfahrers aus dem Landkreis Germersheim gegen eine Gemeinde abgewiesen, der auf einem Radweg in Richtung Speyer wegen eines Wurzelschadens gestürzt war. Ein Radfahrer müsse seine Fahrweise so einrichten, dass er sichtbare Hindernisse auf einem Radweg rechtzeitig wahrnehmen und vor ihnen anhalten könne, heißt es in der Urteilsbegründung.

Sie benötigen Hilfe bei Schadensersatzforderungen?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent.

Erbrecht 

Erbengemeinschaft: Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens

[BGH v. 28.9.2023 – IX ZA 14/23]

Ist der Schuldner Miterbe in einer nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft, erfolgt die Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ist dem Schuldner die Erbschaft vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallen oder tritt sie während des Verfahrens ein, so steht neben der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft auch die Anfechtung wegen Versäumung der Ausschlagungsfrist nur dem Schuldner zu.

Haben Sie Fragen zur Erbausschlagung auch im Insolvenzfall?

Wir beraten Sie gerne kompetent und auf Ihre Situation zugeschnitten!

Arbeitsrecht

Keine Entschädigung für verspätete oder unvollständige Antwort gemäß Artikel 15 DSGVO

[LAG Düsseldorf v. 28.11.2023 – 3 Sa 285/23]

Ein Verstoß gegen die Regelungen des Artikels 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist von Artikel 82 DSGVO nicht erfasst. Für eine haftungsbegründende Wirkung dieser Bestimmung ist eine Datenverarbeitung erforderlich, die gegen die DSGVO verstößt. Eine bloße Verletzung der Auskunftspflicht gemäß Artikel 15 DSGVO, sei es aufgrund einer verzögerten oder anfangs unvollständigen Erfüllung, erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Haben Sie Fragen zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch im Arbeitsverhältnis? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Verkehrsrecht

In Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung zu fahren, ist verboten

[BGH v. 10.10.2023 – VI ZR 287/22]

Das Vorschriftszeichen 220 i.V.m. § 41 Abs. 1 StVO ordnet an, dass in einer Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung gefahren werden darf. Es ist auch verboten, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung rückwärts zu fahren. Kein unzulässiges Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung ist lediglich das (unmittelbare) Rückwärtseinparken („Rangieren“) – ebenso wie das Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf die Straße.

Diese Klarstellung hat in einem Rechtsstreit die Rechtsfrage beseitigt, ob der Anscheinsbeweis greift, wenn beim Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße ein Unfall verursacht wird.
Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen einen Geschehensablauf voraus, bei dem sich nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um einen Sachverhalt handeln, für den nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spreche kein Beweis des ersten Anscheins für einen schuldhaften Verstoß des Klägers gegen § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1 StVO. Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der Rückwärtsfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist und dadurch den Unfall (mit-)verursacht hat. An der für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität fehlt es hier jedoch schon deshalb, weil die Beklagte zu 1) unzulässigerweise rückwärts in die Einbahnstraße eingefahren ist. Es gibt keinen Erfahrungssatz, der den Schluss zuließe, dass den Kläger unter diesen Umständen ein Verschulden trifft, wenn er aus der Grundstückszufahrt rückwärts in die Einbahnstraße einfährt.

Sie benötigen Hilfe bei einem Autounfall?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent.

Familienrecht 

Trotz Trennung der Ehegatten – Adoption eines minderjährigen Kindes ist möglich

[Schleswig-Holsteinisches OLG v. 25.10.2023 – 8 UF 124/23]

Die Tatsache, dass die Ehegatten getrennt leben, schließt die Adoption eines minderjährigen Kindes nicht schlechthin aus. Die Stabilität der Ehe der Adoptiveltern ist ein wichtiger Faktor bei der Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen, aber nicht der allein entscheidende. Bei der Prüfung, ob die beantragte Adoption dem Wohl des Kindes dient, ist eine Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen.

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Arbeitsrecht

JobRad! Tolle Sache, aber wer zahlt das Leasing bei Krankengeldbezug?

[ArbG Aachen vom 02.09.2023, 8 Ca 2199/22]

Während des Krankengeldbezugs muss der Arbeitnehmer das Dienstfahrrad selbst finanzieren, wenn es durch Entgeltumwandlung bezahlt wird und die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers im Fahrradüberlassungsvertrag für entgeltfreie Beschäftigungszeiten vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot. Dass der Arbeitnehmer die Nutzung des Fahrrades faktisch aus seinem Einkommen selbst finanziert, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.

Dies ist logisch, da der Arbeitnehmer nach 6 Wochen ohne Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall keine Leistungen vom Arbeitgeber mehr erhält.

Haben Sie Fragen zur Abrechnung Ihres Dienstfahrrads oder zu Ihrem Dienstwagen? Wir beraten Sie gerne kompetent und fachlich.

Sozialrecht

Draufzahlung des Jobcenters bei besonders schwer verfügbarem Wohnraum

[LSG Niedersachsen-Bremen v. 13.10.2023 – L 13 AS 185/23 B ER]

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass das Jobcenter die Kosten für teurere, behindertengerechte Wohnungen übernehmen muss, wenn es anders nicht möglich ist, eine angemessene Wohnung zu finden.

Das Eilverfahren betraf eine alleinstehende Frau aus Bremen, geboren 1976, die fünf Kinder im Alter von 9 bis 22 Jahren hat. Der älteste Sohn ist schwer behindert und benötigt einen Rollstuhl. Die Familie lebt momentan in einer 83 m² großen Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Um die Wohnung zu verlassen, muss der Sohn im Treppenhaus getragen werden.

Nach langem Suchen fand die Familie schließlich eine passende barrierefreie Wohnung. Die Zentrale Fachstelle Wohnen stimmte der Anmietung zu. Jedoch lehnte das Jobcenter Bremen die Übernahme der Miete ab, da sie selbst nach einem Preisnachlass (1.426,- €) immer noch über der Angemessenheitsgrenze (1.353,- €) lag. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Mutter in der Vergangenheit eine andere geeignete Wohnung abgelehnt hatte.

Das Gericht verpflichtete das Jobcenter zur Erteilung der Zusicherung.

Sie benötigen Hilfe zum Thema „Zusicherung auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung“?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent

Familienrecht / Verfahrenskostenhilfe

Die Energiepreispauschale und Inflationsausgleichsprämie bleiben bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommen für die Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt

[OLG München (16. Zivilsenat), Beschluss vom 13.07.2023 – 16 WF 616/23e]

Die Energiekostenpauschale und die Ausgleichsprämie für Inflation werden nicht berücksichtigt, wenn das anrechenbare Einkommen für die Verfahrenskostenhilfe berechnet wird.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss zur Gewährung der Verfahrenskostenhilfe, bei dem eine monatliche Rate festgesetzt wurde. Sie begründet ihre Beschwerde damit, dass in dem vom Amtsgericht – Familiengericht – München berücksichtigten Einkommen eine Pauschale für Energiekosten gemäß § 122 EStG in Höhe von 300,00 € für September 2022 sowie Ausgleichszahlungen für Inflation gemäß § 3 Nr. 11 c des EStG für März, April und Mai 2023 sowie November 2022 in Höhe von insgesamt 1.100,00 € enthalten waren. Diese Einkommensbestandteile sollten bei der Berechnung des Einkommens für die Verfahrenskostenhilfe nicht berücksichtigt werden.

Der Zweck der Energiepreispauschale und der Inflationsausgleichsprämie ist die Entlastung der arbeitenden Mitte, was den Motiven der Gesetzgebung zu entnehmen ist. Daher spricht dagegen, diese Einkommensbestandteile bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens zu berücksichtigen.

Im Einklang mit § 122 EStG darf die Energiepreispauschale insbesondere nicht auf einkommensabhängige Sozialleistungen angerechnet werden. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Empfänger dieser Sozialleistung auch bei Bezug anderer Sozialleistungen den vollen Betrag erhalten. Verfahrenskostenhilfe ist ebenfalls eine einkommensabhängige Sozialleistung, die von den Justizbehörden gewährt wird. Aus diesem Grund ist es konsequent, bei der Berechnung des Einkommens, das für diese Sozialleistung maßgeblich ist, auch die Energiepreispauschale außer Acht zu lassen.

Sie benötigen Hilfe zum Thema „Verfahrenskostenhilfe“?  Wir beraten Sie fachlich und kompetent.

Vertragsrecht 

Die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht gelten auch im Online-Handel

[AG Charlottenburg v. 29.9.2023 – 209 C 33/23]

Die Anscheinsvollmacht setzt nach klassischem Verständnis voraus, dass der Vertretene das Handeln des Dritten nicht kennt, bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber hätte erkennen und verhindern können.

Eine Duldungsvollmacht liegt dagegen vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftspartner dieses Dulden dahin versteht und auch verstehen durfte, dass der vermeintliche Vertreter zu den abgegebenen Erklärungen bevollmächtigt ist.

Liegt eine dieser Vollmachtskonstellation vor, haftet der Vertretene als Vertragspartner für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten. Diese Grundsätze gelten selbstverständlich auch im E-Commerce.

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Erbrecht 

Keine Sanktion durch Pflichtteilsstrafklausel bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen

[Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.02.2023, 21 W 104/22]

Pflichtteilsstrafklauseln in gemeinschaftlichen Testamenten dienen dazu, dass der überlebende Ehegatte den Nachlass möglichst ungeschmälert, d.h. ohne Zahlung eines Anteils an einen Abkömmling, erhält.

Knüpfen die Erblasser die Wirkung der Pflichtteilsstrafklausel nicht nur an das Pflichtteilsbegehren (z.B. bei Auskunftsaufforderung), sondern auch an den Empfang des Pflichtteils, setzt die Wirkung einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus.
Ohne Mittelabfluss besteht dann kein Sanktionsgrund, betonte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Sie wollen sich als Ehepartner gegenseitig für den Todesfall absichern? Sie haben Fragen zur „Pflichtteilsminderung“?

Wir beraten Sie gerne kompetent und auf Ihre Situation zugeschnitten!

Vertragsrecht (Mietrecht)

Beweislast für die Behauptung eines befristeten Mietverhältnisses

[OLG Dresden v. 12.7.2023 – 5 U 255/23]

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die streitgegenständlichen Gewerberäume zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Das OLG wies die Berufung des Beklagten zurück. Die Revision ist nicht zugelassen worden.

Der Beklagte hat seine Behauptung, das zwischen den Parteien mit Wirkung zum 1.4.2014 begründete Mietverhältnis über die streitgegenständlichen Mieträume sei bis zum 31.12.2044 befristet gewesen, nicht bewiesen.

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Arbeitsrecht

Ist der Arbeitgeber berechtigt, eine Inflationsausgleichsprämie nur bestimmten Arbeitnehmern zu gewähren?

[ArbG Paderborn v. 6.7.2023 – 1 Ca 54/23]

Ein Inflationsausgleich muss nicht allen Arbeitnehmern gleichermaßen gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung vorliegen. Die Anwendung unterschiedlicher Vertragsmodelle ist ein formaler Gesichtspunkt, der den sachlichen Differenzierungsgrund allerdings nicht ersetzt. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Differenzierung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist.

Im vorliegenden Fall wollte die Arbeitgeberin mit der Beschränkung der Prämienzahlung auf die Arbeitnehmer, die auf eine vorherige Sonderzahlung verzichtet hatten, einen Ausgleich gegenüber den übrigen Arbeitnehmern schaffen, die dagegen einen Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld hatten. Dies war ein sachlicher Grund, der eine Differenzierung rechtfertigte.

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Familienrecht / Erbrecht 

Das Berliner Testament ist auch im Falle der Aussetzung des Scheidungsverfahrens unwirksam

[OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2018 – 3 W 71/18]

Eine ältere, aber nach wie vor äußerst wichtige Entscheidung des Oberlandesgerichts hat Sicherheit in der Frage der Wirksamkeit eines Ehegattentestaments bei fortdauernder Trennung geschaffen, wenn während des Scheidungsverfahrens eine Schwebezeit eintritt.

Ein gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) wird von Gesetzes wegen unwirksam, wenn die Ehegatten später geschieden werden oder die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder einem Scheidungsantrag zugestimmt hat.

Auch wenn das Scheidungsverfahren zugunsten eines Mediationsverfahrens ausgesetzt wird, wird die ursprünglich erklärte Zustimmung zur Scheidung dadurch nicht unwirksam.

Das bedeutet allerdings auch, dass ab diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge greifen können. Hier ist anwaltliche Hilfe gefragt, um die Vermögensströme im Erbfall optimal zu steuern.

Sie benötigen Hilfe zum Thema der Erbfolge und Scheidung? Wir beraten Sie kompetent und auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

Erbrecht / Verwaltungsrecht

Zur rechtmäßigen Heranziehung eines unbekannten Halbbruders zu Bestattungskosten

[VG Mainz v. 19.7.2023 – 3 K 425/22.MZ]

Die Bestattungskosten eines Halbbruders sind grundsätzlich auch dann zu tragen, wenn der vom Ordnungsamt herangezogene Bruder überhaupt erst nach dem Todesfall von seinem Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen erfährt. Das Fehlen einer familiären Nähebeziehung zwischen dem Verstorbenen und dem zur Bestattung Verpflichteten stellt in der Regel die Zumutbarkeit der Bestattung nicht in Frage, denn die gesetzliche Pflichtenstellung knüpft allein an das objektiv bestehende (nahe) Verwandtschaftsverhältnis an.

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Arbeitsrecht

Zahlung unter den Mindestlohn ist kein Verstoß gegen ein Schutzgesetz nach § 823 II BGB – Keine persönliche Haftung des Geschäftsführers

[BAG v. 30.3.2023 – 8 AZR 120/22]

Die Geschäftsführer einer GmbH haften den Arbeitnehmern der GmbH nicht deshalb (persönlich) auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB, weil sie im Einzelfall gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für Verstöße der GmbH gegen ihre Verpflichtung aus § 20 MiLoG, ihren Arbeitnehmern ein Entgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen, bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Der Bußgeldtatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 20 MiLoG stellt – ungeachtet des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG – kein Schutzgesetz i.S.d.. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GmbH in ihrem Verhältnis zum Geschäftsführer der Gesellschaft dar.

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Familienrecht

Zur Auflockerung des Zustimmungerfordernisses bei der Umbenennung des Kindes

[BGH Beschl. v. 25.01.2023]

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Namensänderung eines Kindes teilweise beibehalten und auch fortgeführt. Aufgegeben hat der Bundesgerichtshof jedoch die Rechtsprechung zum Bestehen einer Kindeswohlgefährdung ohne Einbenennung des Kindes. 

Von einer Kindeswohlgefährdung hängt die Ersetzung der Einwilligung also nicht mehr ab (teilweise Aufgabe der Senatsbeschlüsse vom 10. März 2005 – XII ZB 153/03 – FamRZ 2005, 889 und vom 9. Januar 2002 – XII ZB 166/99 – FamRZ 2002, 1330).
FamRZ 2002, 1330).

Mit dieser Entscheidung hat der Senat die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Nach Auffassung des BGH ist eine umfassende Abwägung zwischen den Belangen des Kindeswohls und dem Kontinuitätsinteresse des namensgebenden Elternteils für das Kriterium der Erforderlichkeit nach § 1618 Satz 4 BGB vorzunehmen.
Dass ein Kind den gleichen Namen wie seine Halbgeschwister haben möchte, reiche allein nicht aus, heißt es in der Karlsruher Entscheidung. Auch nicht, dass es in der Schule vielleicht erklären muss, warum es einen anderen Namen hat. Der Gesetzgeber habe die Namenskontinuität als Regelfall gewollt.
Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung könne als milderes Mittel ein Doppelname als erforderlich angesehen werden. Dies ist nun in Frankfurt in der Vorinstanz zu prüfen.

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Erbrecht

Wie lange darf der Testamentsvollstrecker brauchen, um ein Nachlassverzeichnis zu erstellen?

[OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2023 (I-3 Wx 105/22)]

Der Testamentsvollstrecker ist gesetzlich verpflichtet, den Erben nach Annahme seines Amtes ein Verzeichnis des seiner Verwaltung unterliegenden Nachlasses vorzulegen.

Aber wie lange darf dies dauern? Kann eine viel zu lange Vorbereitungszeit eine Amtspflichtverletzung darstellen, die dazu führt, den Testamentsvollstrecker zu entlassen? 

Zwar kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund in Form einer groben Pflichtverletzung vorliegt. Hierfür kann die verspätete Erstellung des geschuldeten Nachlassverzeichnisses ausreichen, da der Testamentsvollstrecker verpflichtet ist, dieses unverzüglich nach Annahme des Amtes vorzulegen. Unverzüglich bedeutet aber nicht zwingend, dass die Erstellung innerhalb weniger Wochen erfolgen muss. 

Im Gegenteil kann dies bei einem größeren und komplizierteren Nachlass und wenn der Testamentsvollstrecker – wie im Fall vor dem OLG nach einer Dauer von zwei Monaten – nicht von Berufs wegen oder aufgrund vorangegangener ähnlicher Tätigkeiten Erfahrungen mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses hat, mitunter längere Zeit in Anspruch nehmen.

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Arbeitsrecht

Wie berechnet sich das Mutterschaftsgeld, wenn Provisionszahlungen in den letzten Gehältern vorhanden waren?

[LAG Niedersachsen v. 20.2.2023 – 1 Sa 702/22]

Grundsätzlich ist für die Berechnung des Mutterschutzlohns nach § 18 Satz 1 MuSchG gemäß § 18 Satz 2 MuSchG das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schwangerschaft zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil des Arbeitsentgelts variabel ist und auf provisionspflichtigen Geschäften beruht.

Provisionen, die erst während eines ärztlichen Beschäftigungsverbotes nach § 16 MuSchG fällig werden, sind nur zu zahlen, wenn und soweit sie den nach § 18 Satz 2 MuSchG berechneten Mutterschutzlohn übersteigen.

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Verkehrsrecht

Nach Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter- Entzug der Fahrerlaubnis!

[OLG Frankfurt a.M. v. 8.5.2023 – 1 Ss 276/22]

Wer mit mindestens 1,64 Promille Blutalkoholkonzentration mit seinem (oder einem öffentlich zugänglichen) E-Scooter fährt, begründet die Regelvermutung, ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu sein. Im Ergebnis ist dann auch grundsätzlich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis neben einer Geldstrafe zu rechnen.

Als Strafe folgten in diesem Fall 30 Tagessätze und der oben thematisierte Entzug der Fahrerlaubnis.

Vertragsrecht

Zu den Folgen eines Widerrufs des Verbrauchers erst nach Vertragserfüllung des Unternehmers

[EuGH v. 17.5.2023 – C-97/22]

Widerruft ein Verbraucher einen bereits erfüllten, außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag wegen Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht, so ist er von jeder Zahlungspflicht befreit. Der Unternehmer muss somit die Kosten tragen, die ihm für die Erfüllung des Vertrags während der Widerrufsfrist entstanden sind.

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Arbeitsrecht

Der Begriff „Freizeitausgleichsansprüche“ erfasst auch etwaige Ansprüche auf Überstundenvergütung

[LAG Hamm v. 24.3.2023 – 1 Sa 1217/22]

Regeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Vergleich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dass der klagende Arbeitnehmer unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt wird, werden damit auch in der Regel die Ansprüche auf Überstundenvergütung erfasst.

Ein Urteil, dass aufzeigt, dass bei der Formulierung von Vergleichsschriften streng auf die Formulierung durch erfahrene Arbeitsrechtler geachtet werden muss. Ansonsten kann leicht der gesamte Anspruch auf Überstundenvergütung, der sich über Jahre angesammelt hat, innerhalb einer Freistellung von nur wenigen Wochen ungewollt verpuffen.

Sie benötigen Hilfe bei einer gütlichen Einigung? Wir beraten Sie fachlich und kompetent!

Vertragsrecht

Marderbefall bei Grundstückskauf

[OLG Oldenburg v. 7.3.2023 – 12 U 130/22]

Stellt der Käufer eines Hauses nach einiger Zeit Schäden an der Wärmedämmung des Dachs fest, die auf einen Marderbefall schließen lassen, haftet der Verkäufer, wenn die Parteien eine Haftung des Verkäufers für Mängel ausgeschlossen haben, nur bei Kenntnis und arglistigem Verschweigen des Befalls.

In der oben genannten Entscheidung  konnte die Käuferin vor Gericht nicht beweisen, dass der Verkäufer einen akuten Marderbefall arglistig verschwiegen hat. Auch der Klägerin ist der Befall erst sechs Monate später bei der Renovierung aufgefallen. Der Beklagte hat das Haus nur zwei Jahre lang selbst bewohnt.

Wünschen Sie vorab eine Überprüfung des Grundstückkaufvertrages? Haben Sie ähnliche Probleme mit verschwiegenen Mängeln an der Immobilie?

Lassen Sie sich kompetent beraten! Wir freuen uns!

Vertragsrecht

Maklervertrag: Keine Reservierungsgebühren für Kunden

[BGH v. 20.4.2023 – I ZR 113/22]

Eine in die AGB integrierte Verpflichtung eines Kunden des Maklers zur Zahlung einer Reservierungsgebühr ist unwirksam. Dass gilt sogar dann, wenn  der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wird und später als der Maklervertrag zustande kommt. Bei solch einer Reservierung handelt sich um das exklusive Vorhalterecht für den Kunden bis zu einem festgelegten Datum. Solch eine Reservierungsgebührenvereinbarung benachteiligt den Kunden i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam. 

Der BGH begründet dies unter anderem damit, dass eine Rückzahlung der Reservierungsgebühr an den Kunden ausnahmslos ausgeschlossen war. Ein besonderes Augenmerk findet die Begründung, dass solch eine Reservierungsgebühr einer erfolgsunabhängigen Provision gleich kommt, was gerade dem Leitbild der gesetzlichen Regelungen zum Maklervertrag widerspricht. Eine Provision ist demnach auch nur geschuldet, wenn die Maklertätigkeit zum gewünschten Vertragsschluss geführt hat.

Haben Sie auch eine Reservierungsgebühr zahlen müssen? Wünschen Sie vorab eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit solch einer AGB-Klausel? 

Lassen Sie sich kompetent beraten! Wir freuen uns!

Arbeitsrecht 

Kein neuer Betriebsinhaber, kein Betriebsübergang

[LAG Rheinland-Pfalz v. 22.2.2023 – 6 Sa 131/22]

Das LAG Rheinland-Pfalz hat bestätigt, dass ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB mangels Wechsels des Betriebsinhabers nicht besteht, wenn lediglich Anteile an dem Unternehmen und die Ausübung von Herrschaftsmacht über dieses Unternehmen durch ein anderes Unternehmen vorliegen. Eine bloße Umfirmierung erfüllt die Voraussetzungen nicht.

Maßgeblich für einen Betriebsübergang ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers. Bleibt das Rechtssubjekt des Betriebsinhabers identisch, fehlt es an einem Betriebsübergang. Damit berührt auch ein Wechsel der Gesellschafter die Identität der Gesellschaft als Rechtssubjekt nicht, so dass allein der Gesellschafterwechsel zu keinem Betriebsübergang führt (vgl. BAG 14.8.2007 – 8 AZR 803/06).

 

Familienrecht

Schulverweigerung! Und dann Entzug des (Teil-)Sorgerechts?

[OLG Oldenburg Beschluss v. 9.3.2023 – 11 UF 206/22]

In der vorbezeichneten Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht mit der Entscheidung des Amtsgerichts auseinandersetzen müssen, welches den Eltern einen Teil des Sorgerechts (Recht auf Regelung schulischer Angelegenheiten) entzogen hatte. 

Nach den Corona-bedingten Schulschließungen hatten die Eltern ihre drei zwischen 12 und 17 Jahre alten Kinder nicht mehr in die Schule geschickt. Der Älteste hatte angegeben, keine Maske tragen und keinen Abstand halten zu wollen. Er wolle deswegen nicht mehr zur Schule gehen und zu Hause seinen eigenen Interessen nachgehen. Die beiden jüngeren Geschwister schlossen sich dem an. Die Kindeseltern vertraten die Auffassung, die Kinder sollten sich selbst entdecken können und selbstbestimmt lernen. 90% des Schulwissens werde ohnehin nicht gebraucht.

Die Entscheidung bezieht sich auf den Eilantrag der Eltern, die eine vorläufige Aussetzung begehrten. 

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts ist die die Beschwerde noch nicht rechtskräftig entschieden und wird äußerst zeitnah in den kommenden Tagen verhandelt. Eine Kindeswohlgefährdung ist in diesem Fall allerdings aller Voraussicht nach gegeben.

 

Arbeitsrecht /Sozialrecht

„Mal eben die AU einreichen“: Ist ein Sturz auf dem Weg zum Briefkasten ein Arbeitsunfall?

[BSG v. 30.03.2023 – B 2 U 1/21 R]

Das Bundessozialgericht bejahte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, als die Arbeitnehmerin ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung postalisch an ihren Arbeitgeber versenden wollte. Auf dem Weg zum Briefkasten stürzte diese, wurde medizinisch behandelt und bezog Krankengeld. Die Berufsgenossenschaft lehnte die angemeldete Kostenerstattung ab und verlor letztendlich vor dem obersten deutschen Sozialgericht, welches der klagenden Krankenkasse das Recht auf Erstattung zugesprochen hat.

Das Vorliegen des Arbeitsunfalls resultiert aus der Nachweispflicht der Arbeitnehmer nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 und 4.

Die Arbeitnehmerin befand sich also zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auf einem ihrer versicherten Tätigkeit zuzurechnen Betriebsweg.

Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner bei Fragen zum Thema Arbeitsunfall zur Verfügung.

Arbeitsrecht

Kein Unfallversicherungsschutz bei Schlägerei wegen zugeparkter Betriebseinfahrt

[SG Berlin v. 16.2.2023 – S 98 U 50/21]

Kommt es bei einer Betriebsfahrt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit einem anderen Verkehrsteilnehmer,  stellen die daraus resultierenden Verletzungen keinen Arbeitsunfall dar. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit dient und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sind.

Vertragsrecht

Zu langsames Warmwasser kann zu einer Mietminderung führen

[AG Brandenburg, Urt. v. 13.02.2023 – 31 C 210/21 ]

Beträgt die Temperatur des Warmwassers nach ca. 15 Sekunden Fließlaufzeit noch keine 40 °C bis 43 °C und nach ca. 30 Sekunden keine 55 °C auf (DIN 1988-200) kann ein Mietmangel vorliegen, der die Mieter der Wohnung berechtigen kann, Mietminderungsansprüche gegenüber dem Vermieter in Höhe von 5 % der Bruttomiete geltend zu machen.

Die DIN-Norm schreibt hierzu aber auch vor, dass bei bestimmungsmäßigem Betrieb die Temperatur des Trinkwassers, maximal nach 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen der Entnahmestelle, mindestens 55 °C erreicht haben muss. 

Dies bietet Spielraum für die Prüfung und Entscheidung am Einzelfall.

Hierzu beraten wir Sie gerne. 

Vollstreckungsrecht / Familienrecht

Der Bundesgerichtshof ändert seine bisherige Rechtsprechung zum Pfändungsfreibetrag wegen gesetzlicher Unterhaltspflichten. Maßgeblich ist nunmehr der tatsächlich geleistete Unterhalt

[BGH, Beschl. v. 18.01.2023 – VII ZB 35/20]

An der mit Beschluss vom 5. August 2010 (VII ZB 101/09, MDR 2010, 1214) vertretenen gegenteiligen Auffassung, wonach die gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den weiteren Unterhaltsberechtigten bei der Bestimmung des pfandfreien Betrags auch dann in vollem Umfang zu berücksichtigen sind, wenn der Schuldner ihnen nur teilweise nachkommt, hält der Senat aus nachfolgenden Gründen nicht fest, da der Wortlaut des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO insoweit nicht eindeutig ist.

Er kann zwar so verstanden werden, dass auf den Betrag abzustellen ist, der zur Erfüllung der laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten potentiell erforderlich wäre.

Es kommt allerdings auch auch ein Verständnis in Betracht, wonach ein Bedarf des Schuldners zur Erfüllung der laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten nur in dem Umfang anzunehmen ist, in dem er tatsächlich – sei es freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung – leistet.

Letzterer Ansicht folgt das oberste deutsche Gericht und hat dabei berücksichtigt, dass die Interessen der Unterhaltsgläubiger im Vollstreckungsrecht einen hohen Schutz genießen. Dies kommt in § 850d Abs. 1 ZPO zum Ausdruck, der die dort bezeichneten Unterhaltsgläubiger vollstreckungsrechtlich privilegiert. 

 

Arbeitsrecht

Das Verhandlungsgeschick bildet keinen Rechtfertigungsgrund für eine ungleiche Vergütung zwischen Frauen und Männern

[BAG, Urt. v. 16.02.2023 – 8 AZR 450/21]

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeurteilt, dass der Klägerin ein Anspruch auf das gleiche Grundentgelt gemäß Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG sowie ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 2.000,00 Euro nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht grundlegend festgestellt, dass der Umstand, dass die weibliche Klägerin bei gleichwertiger Arbeit und bei (nahezu) gleich langer Betriebszugehörigkeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, eine Vermutung nach § 22 AGG begründet, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgte. Damit ist eine geschlechtsabhängige Benachteiligung indiziert.

Die Arbeitgeberin konnte diese Vermutung auch nicht widerlegen, die sich insoweit weder darauf berufen könne, dass der männliche Kollege und Mitarbeiter ein höheres Entgelt ausgehandelt hatte, noch darauf, dass er einer besser vergüteten ausgeschiedenen Mitarbeiterin nachgefolgt sei.

Die Arbeitgeberin konnte im Übrigen auch nicht darlegen, dass sie nahezu gezwungen war, dem männlichen Mitarbeiter ein höheres Entgelt anzubieten, da sie die Stelle ansonsten nicht hätte angemessen besetzen können.

Die Entscheidung des höchsten Arbeitsgerichts ist im Lichte der geschlechtsblinden Lohngerechtigkeit und des „gender pay gaps“ wegweisend. Der Grundsatz der Freiheit, sein Gehalt in nicht tarifgebundenen Unternehmen frei auszuhandeln, ist mit dieser Entscheidung auch ins Wanken gebracht worden.

Erstmals hat sich das Bundesarbeitsgericht zur Begründung des höheren Entgelts für die benachteiligte Klägerin auf die Vorschriften der §§ 3, 7 EntgTranspG gestützt. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass diese Normen unabhängig von der Betriebs- oder Unternehmensgröße Anwendung finden.


Gerne berate ich Sie zu diesem Thema!

Arbeitsrecht

Die Kündigung „aus betrieblichen Gründen“ im Kleinbetrieb

[LAG Düsseldorf v. 2.8.2022 – 3 Sa 285/22]

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb, also mit weniger Mitarbeitern als zehn, kann nicht m Maßstab des § 1 Abs. 2 KSchG auf eine soziale Rechtfertigung überprüft werden.  Denn diese Norm findet auf den Kleinbetrieb gemäß § 23 Abs. 1 KSchG gerade keine Anwendung. Dies gilt auch, wenn in der Kündigung auf eine soziale Rechtfertigung im Sinne des KSchG hingewiesen wird.

Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass auch eine Kündigung „aus betrieblichen Gründen“ hieran nichts ändert, auch wenn betriebliche Gründe per se eine soziale Rechtfertigung darstellen soll.

 

Vertragsrecht

Kein Schadensersatz nach Sex auf Motorhaube im Parkhaus

[LG Köln, Urt. v. 03.01.2023 – 21 O 302/22]

Grundsätzlich entstehen Nebenpflichten der Vertragspartner füreinander bei Vertragsschluss, unter Umständen sogar bei dessen Anbahnung.

Bei Verletzung dieser Pflichten kann der andere Teil gegebenenfalls Schadensersatz verlangen.

Das Landgericht Köln musste sich mit der Frage das auseinandersetzen, ob ein Parkhausbetreiber ununterbrochen die installierten Videokameras beobachten und gegebenenfalls auch sofort einschreiten muss.

Im vorliegenden Fall vergnügten sich zwei unbekannte und nicht ermittelbare Personen auf der Motorhaube des Fahrzeugs des Klägers, der einen Fahrzeug-Einstellvertrag mit dem Parkhaus geschlossen hat. Dabei sind Lackbeschädigungen und Dellen entstanden. Die Reparatur kostet 4.676,00 Euro.

Er vertrat die Auffassung, dass es die Pflicht des Betreibers sei, durchgängig die Kameraufzeichnungen zu verfolgen und dann im Falle von drohenden Schäden sogar einzugreifen. Der Verstoß hiergegen führe zu einem Schadensersatz. 

Das Landgericht ist der Auffassung, dies ginge zu weit. Das Zeitfenster des Akts auf der Motorhaube war kurz. Bei einer solch kurzen Dauer stellt es nach Ansicht des Gerichts keine Verfehlung der Beklagten dar, dass diese Handlungen nicht bemerkt oder gar verhindert wurden. Insoweit ist es auch fraglich, wie das Personal der Beklagten die Täter ohne Eigengefährdung hätte stellen sollen oder ob die hypothetisch hinzugerufene Polizei schnell genug vor Ort gewesen wäre.

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Kameras mehr zu repressiven als zu präventiven Zwecken eingesetzt werden. Eine Ersatzpflicht liegt damit nicht vor.


Beschädigungen durch Vandalismus sind ärgerlich. Ich berate Sie gerne, ob Sie gegebenenfalls doch Ersatzansprüche geltend machen können.

Vertragsrecht

Private Kindertagesstätten dürfen den Betreuungsvertrag auch ohne Angabe von Gründen kündigen

[LG Koblenz, Urt. v. 24.11.2022 – 3 O 37/22]

Ist zwischen den Eltern und der privaten Kindertagesstätte, nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kinderbetreuungsvertrags, eine Kündigungsfrist von drei Monaten vereinbart und braucht es hierfür auch keinen besonderen Grund ist eine derartige Vereinbarung grundsätzlich wirksam und für beide Seiten bindend. Allerdings muss solch eine Klausel gewisse Anforderungen bedienen, damit diese tatsächlich wirksam ist. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, besteht ein derartiges Kündigungsrecht aus Vereinbarung nicht.

Tatsächlich lagen diesem Urteil aber auch zusätzlich noch Tatsachen vor, die im Rahmen einer notwendigen Interessenabwägung zwischen den Vertragsparteien besonders gegen eine Willkür der Kindertagesstätte sprachen.

Ob Ihr Vertrag eine wirksame Klausel enthält und Sie daher jederzeit innerhalb von drei Monaten gekündigt werden können und ob in einem Einzelfall auch eine Ausnahme besteht, kann ich gerne für Sie in einem Beratungsgespräch prüfen.

Familienrecht

Das Verfahren auf Abänderung des Versorgungsausgleichs nach dem Tod des geschiedenen Ehegatten

[BGH, Beschl. v. 14.12.2022 – XII ZB 318/22]

Ist der geschiedene Ehegatte, nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verstorben, richtet sich das Verfahren auf Abänderung des Versorgungsausgleichs gegen die Erben, die als Antragsgegner hinzuzuziehen sind.

Das Abänderungsverfahren nach §§ 31, 51 VersAusglG kann aber ebenso auch durch die Hinterbliebenen eines zum Ausgleich verpflichteten geschiedenen und verstorbenen Ehegatten beantragt werden.

 

Arbeitsrecht

Die Stechuhr!- Keine Änderung für die prozessualen Anforderungen in einem Überstundenprozess

[BAG, Urt. v. 04.05.2022, 5 AZR 359/21]

Weiterhin muss ein Arbeitnehmer, der einen Vergütungsanspruch einklagt, über die Behauptung der Überstundentätigkeit hinaus, den Umfang der Arbeiten näher beschreiben. Auch die Pflicht des Arbeitgebers zur Messung der täglichen Arbeitszeit, hat auf die Grundlagen der Darlegungs- und Beweislast in einem Überstundenprozess keine Auswirkungen. Die exakte Überstundenzahl vorzutragen reicht für einen Überstundenvergütungsanspruch nicht aus. Die europäische „Stechuhr-Entscheidung“ bezieht sich ausdrücklich auf die Arbeitszeitgestaltung und eine adäquate Nachvollziehbarkeit, jedoch nicht auf die Frage der Vergütung.

Zu den Fragen der Darlegungshürden berate ich Sie gerne.

 

Arbeitsrecht

Zur Verjährung des gesetzlichen Jahresurlaubsanspruches

[BAG, Pressemitteilung Nr. 47/22 vom 20.12.2022 zum Aktenzeichen, – 9 AZR 266/20 –]

Druckfrisch und kurz vor Weihnachten beschert uns das höchste Arbeitsgericht mit einer Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen mit sich trägt und sogar eine Klagewelle auf Nachzahlungen auslösen könnte. Neben der kürzlich ergangenen Entscheidung zur Zeiterfassung gilt jetzt auch nach den europäischen Vorgaben, dass Urlaubsansprüche der Regelverjährung unterliegen. Diese beginnt ab der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers, bestätigt das Bundesarbeitsgericht.

Was das konkret bedeutet, ob also Ihr Urlaubsanspruch verjährt ist, gilt anhand Ihres Arbeitsvertrages und anhand der einzelfallbezogenen Hinweise zu prüfen.

Hierzu berate ich Sie gerne.


Vertragsrecht

Zum Thema Fluggastrechte: Die Erstattung der Flugscheinkosten auch für Nicht-Vertragspartner

[BGH, Urt. v. 27.09.2022 – X ZR 35/22]

Bei Annullierung eines Fluges steht einem Fluggast auch dann die Erstattung der Flugscheinkosten nach Art 5 Abs. 1 a) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 FluggastrechteVO zu, wenn dieser nicht selbst Vertragspartner des Luftbeförderungsvertrags ist.

Der BGH bestätigt, dass bei der Anwendung der Normen Art 5 und Art. 8  der Verordnung, zwecks Anspruchsgrundlage, auch der Wortlaut des Art. 7 FlugastrechteVO Anwendung findet. Dieser spricht vom „Fluggast“ und nicht vom „Vertragspartner“ und räumt dem „Fluggast“ ein Wahlrecht  (Erstattung / anderweitige Beförderung) ein. 

Vertragsrecht

Entscheidung zur Informationspflicht von Internethändlern über die Herstellergarantien

[BGH, Urt. v. 10.11.2022 – I ZR 241/19]

Händler, die Ihre Waren über das Internet anbieten, müssen Verbraucher nicht genauer über die Herstellergarantien für das jeweils vom Händler angebotene Produkt informieren, wenn die Garantie nicht ein wesentliches Merkmal des angebotenen Produktes ist.

Ist die Herstellergarantie nur ein zweitrangiges Kaufargument für den Käufer und erwähnt der Händler dies nur in seinem Angebot beiläufig, müssen keine weitere Informationen über die Garantie zur Verfügung gestellt werden. Beispielhaft für eine derartige nebensächliche Herstellergarantie ist, wenn diese nicht im Angebot des Händlers selbst zuerkennen ist, sondern erst in der Produktinformation unter „technische Details / weitere technische Informationen / Betriebsanleitung“ des Produkts aufzufinden ist.

Familienrecht

Zur gerichtlichen Verpflichtung eines Elternteils zum Umgang mit dem Kind

[BVerfG, Beschl. v. 17.02.2022 – 1 BVR 743/21]

Grundsätzlich ist es einem Elternteil zumutbar, zur Ausgestaltung des Umgangs mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient. Dies gilt selbst dann, wenn diese Verpflichtung einen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Elternteils darstellt.

 

Vertragsrecht / Datenschutzrecht

Eine SCHUFA- Eintragung ist bei einer bestrittenen Forderung nicht zulässig

[LG Frankenthal Urt. v. 28.06.2022 – 8 O 163/22] 

Für die Weitergabe von Daten bei Zahlungsstörungen an die SCHUFA sind gewisse Grenzen zu beachten. Zum einen muss der Schuldner über die Weitergabe seiner Daten unterrichtet werden und zum anderen darf eine Eintragung nicht erfolgen, wenn er bestreitet, dass die Forderung überhaupt besteht.

Wenn die Daten dann doch weitergeleitet werden, kann der Schuldner die Meldung widerrufen und sogar verlangen, dass diese Meldung wegen dieser (angeblichen) Forderung zukünftig unterlassen wird.

Die Kammer bestätigt, dass gemäß der DSGVO  die Datenverarbeitung nur gestattet ist, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und nicht die Grundrechte der betroffenen Person verletze. Wenn die Forderung bestritten wird, muss der Schuldner das Recht haben, sich gegen die Eintragung zur Wehr zu setzen.

 

Vertragsrecht

Corona ist keine Störung der Geschäftsgrundlage und keine Entschuldigung – Die Kündigung von Leasingverträgen oder Mietverträgen ist trotzdem rechtmäßig

[OLG Stuttgart Urt. v. 13.9.2022 – 6 U 20/22]

Fallen bei einem Verbraucher oder einem Unternehmer die Einkünfte oder Umsätze aufgrund der Pandemie aus und befindet sich dieser deshalb in Zahlungsverzug von Mietzahlungen oder Leasingraten, kann der Vermieter oder Leasinggeber den Vertrag rechtmäßig kündigen und auch die entsprechende Herausgabe des Fahrzeugs oder der Immobilie verlangen. Dadurch liegt in der Regel ein wichtiger Grund für eine Kündigung vor, den der Schuldner auch zu vertreten hat. Eine Anpassung aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage hat das OLG Stuttgart abgelehnt. 

Damit bekräftigt das Gericht noch einmal die Linie der bundesweiten Rechtsprechung in Anlehnung an die BGH-Entscheidung zu den pandemiebedingten Schließungen der Fitnessstudios. 

Sollten Sie ebenfalls betroffen sein und droht Ihnen eine Kündigung, berate wir Sie sehr gerne. Vereinbaren sie noch heute einen Termin mit uns.

 

Erbrecht

Nachlass oder Pflichtteil ?

[LG Bochum, Urt. v. 24.06.2022 – 1-5 O 41/22] 

Nahe Angehörige, wie die Kinder, haben ein Recht auf eine Mindestbeteiligung am Nachlass des Erblassers, wenn sie enterbt sind (Pflichtteil). Wird einem Kind gleichzeitig ein Nachlass, wie zum Beispiel eine Bargeldsumme, Wertpapiere etc. zugewendet, hat diese Kind die Wahl:

Es kann den Pflichtteil verlangen und das Vermächtnis ausschlagen oder es kann das Vermächtnis annehmen und bis zur Höhe des Pflichtteils aufstocken.

Die Ausschlagung des Vermächtnisses muss hierzu nicht gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Sie ergibt sich unter Umständen bereits daraus, dass eine Zahlung des Pflichtteils gefordert wird.

Gemäß der oben zitierten Entscheidung hat der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch auf Herausgabe des Vermächtnisses verloren, als dieser die Zahlung des Pflichtteils von der Erbin verlangte.

Die Entscheidung zeigt auf, dass jeder Schritt in solch einem Fall gut überlegt sein sollte.

Wir beraten Sie gerne, worauf Sie in dann unbedingt achten müssen um nicht wertvolle Ansprüche zu verlieren. Vereinbaren Sie einen Termin mit uns.

 

Vertragsrecht

EuGH kippt deutsches Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung

[EuGH, Urt. v. 20.09.2022, Rs. C-793/19, C-794/19 u.a.]

Die nach deutschem Gesetz geregelte Vorratsdatenspeicherung ist mit dem geltenden EU-Recht nicht vereinbar. Ohne wichtigen Anlass dürften die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger nicht gespeichert werden, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

Wenn es nicht um die Verteidigung der nationalen Sicherheit gehe, sei eine Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten im Bereich der elektronischen Kommunikation nur in engen Grenzen möglich, stellte das Gericht fest. Unabhängig von einer zeitlichen Begrenzung stelle der Zugang zu solchen Informationen einen schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte dar.

Der EuGH rügt mit seinem Urteil die einschlägigen deutschen Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG), die ermöglichen,  dass Verkehrs- und Standortdaten, die zehn bzw. vier Wochen lang gespeichert werden. Dadurch lassen sich sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben des Betroffenen – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens, Aufenthaltsorte, ausgeübte Tätigkeiten und soziale Beziehungen – ziehen. Es wird dadurch also ermöglicht, dass ein Profil des Betroffenen erstellt werden kann. 

 

 

Arbeitsrecht

Ver.di ist tariffähig

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist tariffähig. Damit kann sie Tarifverträge auch in der Pflegebranche abschließen.

[BAG v. 13.9.2022 – 1 ABR 24/21]

Der antragstellende Arbeitgeberverband für Pflegeeinrichtungen in Deutschland begehrte die Feststellung, dass ver.di in der Pflegebranche nicht tariffähig ist. Im Zuge der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht wurde die Tariffähigkeit dann endgültig festgestellt.

 

Familienrecht

Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil

[AG Brühl v. 14.5.2022 – 32 F 333/05]

Die elterliche Sorge ist grundsätzlich einem Elternteil alleine zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Jugendliche, der in diesem Fall nicht die seinem Alter entsprechende Reife hat, sich bei der Anhörung für eine Beibehaltung der gemeinsamen Sorge der Eltern ausgesprochen hat

Arbeitsrecht

Zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof:

„Wie wirkt sich eine behördlich angeordnete Quarantäne auf den Urlaub aus, wenn der Arbeitnehmer nicht erkrankt ist?“

[BAG Beschluss v. 16.8.2022 – 9 AZR 76/22 (A)]

Im Zuge einer Vorabentscheidungsfrage an den Europäischen Gerichtshof soll die Frage geklärt werden, ob aus dem Recht der Europäischen Union die Verpflichtung des Arbeitgebers abgeleitet werden kann, einem Arbeitnehmer bezahlten Erholungsurlaub nachzugewähren, der während des Urlaubs selbst nicht erkrankt ist, in dieser Zeit aber eine behördlich angeordnete häusliche Quarantäne einzuhalten hatte. 

Der neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts fragt an, ob eine ausbleibende Nachgewährung des Urlaubs mangels Krankheit des Arbeitnehmers im Einklang mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union steht.

Familienrecht

Zur Zuweisung der ehelichen Wohnung für die Zeit nach der Scheidung

[OLG Frankfurt Urt. v. 18.7.2022 – 6 UF 87/22]

Erklärt ein Alleineigentümer, der während der Trennungszeit anlässlich der Scheidung die Ehewohnung dem anderen Ehegatten überlassen hat, die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung nach § 1568a Abs. 1 BGB zurück an sich, gilt der Maßstab von § 1568a Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend, so dass ihm der Rückgewehranspruch nur dann zu versagen ist, wenn sich der andere Ehegatte auf eine unzumutbare Härte berufen kann.

Eine solche liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn in Bezug auf die noch in der Ehewohnung mit dem anderen Ehegatten verbliebenen Kinder die abstrakte Befürchtung einer Destabilisierung der Kinder durch einen Umzug besteht.

 

Vertragsrecht

Wann ist ein Bau­ver­trag auch ein Ver­brau­cher­bau­ver­trag?

[OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.3.2022, Az. 5 U 52/210]

Ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB ist dann anzunehmen, wenn der Bauherr beim Neubau eines Wohnhauses die Leistungen an einzelne Handwerksunternehmen und nicht zentral an einen Bauunternehmer vergibt.

Wer also beim Hausbau keinen einzelnen Bauunternehmer als „Generalunternehmer“ für alle anfallenden und abschnittsweisen Beauftragungen betraut, sondern alle Handwerker einzeln beauftragt, geht trotzdem einen Verbraucherbauvertrag ein, so das Oberlandesgericht.

Die Konsequenz: Die Handwerker haben dann keinen Anspruch auf die Stellung einer Bauhandwerkerversicherung!

Geklärt wird dies jedoch noch abschließend vor dem Bundegerichtshof, da gegen das Urteil die Revision eingereicht worden ist.

 

Vertragsrecht

Keine Umlagefähigkeit von Mietkosten für Ruchwarnmelder

[BGH, Urteil vom 11.05.2022 – VIII ZR 379/20]

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bei den Kos­ten für die Miete von Rauch­warn­mel­dern han­delt es sich nicht um um­la­ge­fä­hi­ge Auf­wen­dun­gen, da sie den Kos­ten für deren Er­werb gleich­zu­set­zen sind. Diese An­schaf­fungs­kos­ten stel­len selbst keine Be­triebs­kos­ten nach § 2 Nr. 17 der Betriebskostenverordnung dar. 

Die Miete eines Rauchwarnmelder stellt auch eine unzulässige Umgehung des Vermieters dar. Auch als Modernisierungskosten kann die Installation der Melder nicht angesehen werden.

Eine Umlage dieser Kosten auf die Mieter ist also im Ergebnis unzulässig.

Vertragsrecht

SCHUFA- Pflicht zur Löschung der Daten eines Insolvenzschuldners nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach 6 Monaten

[Oberlandesgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 03.06.2022 Az. 17 U 5/20]

Die SCHUFA behält sich vor, die Daten erst nach drei Jahren zu löschen und verweist hierzu auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien.

Anders sieht es das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein.  Der Schuldner (ein selbstständiger Unternehmer) hat nach sechs Monaten der Aufhebung des Insolvenzverfahrens einen Löschungsanspruch und kann gegenüber der SCHUFA verlangen, die Verarbeitung der Informationen zu unterlassen.  Das Gericht hat entschieden, dass nach Ablauf dieser Frist die Interessen und Grundrechte des Schuldners überwiegen. Eine Verarbeitung der Daten ist nach Ablauf dieser Frist gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f der DSGVO nicht mehr rechtmäßig.

Arbeitsrecht & Erbrecht

Zum Anspruch auf Urlaubsabgeltung von Erben bei ausstehenden Urlaubsansprüchen der Erblasserin

[Verwaltungsgericht Berlin, Gerichtsbescheid v. 19.05.2022 – VG 28 K 563.19]

Die Erben einer verstorbenen Beamtin haben keinen unbegrenzten Anspruch auf den finanziellen Ausgleich nicht genommenen Erholungsurlaubs.

Der Anspruch ist demnach auf das unionsrechtlich gewährleistete Minimum von 20 Urlaubstagen bei einer fünftätigen Arbeitswoche begrenzt. Zudem lehnte das Gericht einen Überstundenvergütungsanspruch mangels Anspruchsgrundlage ab.

Arbeitsrecht

Zur Zulässigkeit eines zeitlich befristeten Arbeitsvertrags bei Krankheitsvertretung

[ArbG Erfurt v. 17.5.2022 – 6 Ca 1834/21]

Der notwendige Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrages der Krankheitsvertretung ist gegeben, wenn bei Abschluss des Vertrages der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass der erkrankte Mitarbeiter an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Nur dann, wenn er weiß, dass der erkrankte Mitarbeiter nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird oder aufgrund besonderer Umstände an einer Rückkehr erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich nicht gerechtfertigt sein.

 

Familienrecht

„Entgeltpunkte für langjährige Versicherung“ („Grundrente“ gem. SGB VI) sind im Versorgungsaugleich gesondert zu betrachten

[OLG Braunschweig v. 30.05.2022- 2 UF 66/22 ]

Nach  § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI sind in der Ehezeit erworbene Anrechte in Gestalt von „Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“ als gesonderte Anrechte  zu betrachten, so dass eine Zusammenrechnung mit den anderen gesetzlichen Anwartschaften nicht erfolgen darf. Für ein so ermitteltes Anrecht sind bei der Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG die Kriterien zur Betrachtung gleichartiger Versorgungen i.S.d. § 10 Abs. 2 VersAusglG zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes zu beachten.

Erbrecht

Zur Kostentragung bei einem erfolglosen Erbscheinsverfahren

[OLG München, Beschl. v. 16.2.2022 (31 Wx 66/21)]

Der bekannte Grundsatz: „Wer verliert, der trägt die Kosten“ greift auch in einem Erbscheinsverfahren. Doch gilt dies nicht unbedingt für die außergerichtlichen Gebühren der Anwälte. Ob der unterlegene Beteiligte neben der Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Aufwendungen der übrigen Beteiligten zu erstatten hat, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.

Ein genauerer Blick in den Beschluss verrät oftmals, ob die Kosten des gesamten Verfahrens oder nur die Kosten des Gerichts der Unterlegende zu tragen hat. 

Im vorinstanzlichen Beschluss hieß es sodann: „Die Antragstellerin hat die Kosten dieses Antrages zu tragen.“  Dies ist nicht eindeutig genug, entschied das OLG München.

Lässt sich nicht zweifelsfrei aus der Entscheidung selbst feststellen, dass der Kostenausspruch auch die Erstattung der außergerichtlichen Kosten mitumfasst, wie zum Beispiel bei dem Tenor: „Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin“, geht dies zu Lasten dessen, der sich auf eine Erstattungspflicht beruft.

Familienrecht

Zum Ausschluss eines Lebenspartners oder neuen Ehegatten des anderen Elternteils bei der Wahrnehmung des Umgangsrechts

[BVerfG, Urt. v. 16.06.2021- 1 BVR 709/21 ]

Grundsätzlich können Personen, wie der neue Lebenspartner oder sogar der neue Ehepartner des anderen Elternteils vom Umgang mit dem gemeinsamen Kind nicht ausgeschlossen werden.

Etwas anderes gilt, wenn gewichtige Gründe für eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls vorliegen. Dann kann der Ausschluss als gerichtliche Auflage beschlossen werden.

Die gegen die Auflage gerichtete Urteilsverfassungsbeschwerde führte nicht zum Erfolg. Familiengerichtliche Auflagen für die Ausübung des Kindesumgangs in Gestalt eines Ausschlusses einer Person, die zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung geboten sind, verletzen den betroffenen Elternteil nicht in dessen Elternrecht nach Art 6 Abs 2 S 1 GG.

 

Vertragsrecht

Zur Höhe des immateriellen Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO bei einem rechtswidrig veranlassten SCHUFA-Eintrag

[OLG Koblenz v. 18.05.2022- 5 U 2141/21]

Der immaterielle Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO bestimmt sich der Höhe nach unter Berücksichtigung seiner Funktion zum Ausgleich, zur Genugtuung und zur Generalprävention. Die Höhe muss berücksichtigen, dass der Einmeldung von Zahlungsstörungen auch im Verbraucherinteresse liegt, so dass die Verantwortlichen durch die Höhe des immateriellen Schadensersatzes nicht gänzlich davon abgehalten werden dürfen, Einmeldungen vorzunehmen. [Leitsatz des Urteils]

Die Beklagte forderte im Rahmen einer Widerklage gegen ein Telekommunikationsunternehmen einen Schadensersatz in Höhe von 6.000,- Euro. Zugesprochen wurden 500,- Euro durch das Oberlandesgericht, wobei in der Vorinstanz die Schadensersatzforderung gänzlich durch das Landgericht abgewiesen wurde. 

Arbeitsrecht 

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Anordnung der Arbeitgeberin, wann das Rauchen gestattet ist

[LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss. v. 29.03.2022 – 5 TaBV 12/21]

Die Anordnung einer Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den festgelegten Pausen gestattet ist, unterliegt regelmäßig nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da die Anordnung die Einhaltung der Arbeitszeit sicherstellen soll und somit nicht das Ordnungsverhalten, sondern das Arbeitsverhalten betrifft.

Familienrecht

Antrag auf Anordnung einer genetischen Probeentnahme

[BGH, 17.11.2021, XII ZB 117/21]

Nach §1598a I 1 BGB können Vater, Mutter und Kind voneinander verlangen, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden, um die leibliche Abstammung des Kindes zu klären. Gem. §1598a II BGB muss das Familiengericht auf Antrag eines Berechtigten eine nicht erteilte Einwilligung ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anordnen.

 

Vertragsrecht

Rückerstattung bei Schließung eines Fitnessstudios

[BGH, Urt. v. 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21]

 

Der Bundesgerichtshof hat eine richtungsweisende Entscheidung zur Frage der Rückerstattungspflicht während der pandemiebedingten Schließung getroffen.

Demnach muss das Fitnessstudio seinen Mitgliedern die Beiträge für diese Zeit zurückzahlen.

Gerne beraten wir Sie zu Ihrem Fitnessstudiovertrag und überprüfen Ihre Chancen.

Arbeitsrecht 

Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfausweises als Grund für eine fristlose Kündigung

[ArbG Düsseldorf Urt. v. 18.2.2022 – 11 Ca 5388/21]

Die Täuschung über die Nachweispflicht nach § 28b Abs. 1 IfSG, durch die Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfausweises, ist geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses darzustellen.

Erbrecht

Pflichtteil: Zur Strafklausel für „vorschnelle“ Abkömmlinge

[OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.2022 – 21 W 182/21]

Eine Pflichtteilsstrafklausel ist nicht bereits dann erfüllt, wenn ein Abkömmling nach dem Tod des Elternteils eine Korrektur des ihm vorgelegten Nachlassverzeichnisses fordert. Auf eine solche Auskunft ist der Pflichtteilsberechtigte angewiesen, um eine für ihn sinnvolle Entscheidung treffen zu können.

Arbeitsrecht 

Quarantäne-Tage auf den Jahresurlaub anrechenbar?

[Landesarbeitsgericht Kiel, Urt. v. 15.2.2022 – 1 Sa 208/21]

Das LAG Kiel hat sich der Auffassung des LAG Düsseldorf des LAG Köln angeschlossen und sich für eine Anrechenbarkeit der behördlich angeordneten Quarantäne-Tage auf den bereits gewährten Jahresurlaub positioniert. Die Revision wurde jedoch zugelassen und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts darf mit Spannung erwartet werden, denn das LAG Hamm sieht das anders.

Familienrecht

Zustimmungspflicht zur Kündigung der ehelichen Mietwohnung

[Oberlandesgericht Oldenburg, Urt. v. 29.03.21, Az. 13 UF 2/21]

Lehnt der Vermieter es ab, den ausgezogenen Ehepartner nach der Trennung aus dem Mietverhältnis zu entlassen, so ist der verbliebene Ehegatte verpflichtet, der Kündigung des gemeinsamen Mietvertrages zuzustimmen.

 

Arbeitsrecht / Sozialrecht

49% Beteiligung – Zur versicherungsfreien Selbstständigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH

[Bundessozialgericht- Urt. v. 01.02.2022 – B 12 KR 37/19 R]

Eine Selbstständigkeit liegt nur dann vor, wenn der Geschäftsführer aufgrund seiner Gesellschafterstellung die Rechtsmacht besitzt, einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen. Eine Beteiligung von 49% reicht hierfür nicht aus, weshalb die Rentenversicherung die Versicherungspflicht wirksam beschieden hatte.

Daran ändert sich auch nichts, wenn dem Geschäftsführer durch Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt worden ist, sich Weisungen widersetzen zu dürfen.

Erbrecht

Der Staat als Erbe

Grundsätzlich erben bei der gesetzlichen Erbfolge die Verwandten des Verstorbenen, der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner. Nur in dem Fall, in dem es keinerlei Verwandte, keinen Ehegatten oder Lebenspartner gibt oder alle gesetzlichen Erben das Erbe ausgeschlagen haben, erbt der Staat.

Dieser ist Noterbe. Die Ermittlung möglicher Erben erfolgt durch das Nachlassgericht. Kann das Nachlassgericht keine Erben ermitteln, wird durch Beschluss festgestellt, dass der Staat als Erbe vermutet wird.

[OLG Braunschweig, 17.12.2021, Az.: 3 W 48/21]
Familienrecht

Das Umgangsrecht der Großeltern

Großeltern haben grundsätzlich ein eigenes Umgangsrecht mit den Enkelkindern. Dies setzt voraus, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Bei abwertenden Äußerungen der Großeltern über zumindest eines der Elternteile kann dies nicht mehr der Fall sein. 

[OLG Braunschweig, Urt. v. 30.06.2021, Az. 2 UF 47/21]

Arbeitsrecht

Verdienstausfall bei Lockdown

[Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 13.10.2021 – 5 AZR 211/21 ]

Wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb aufgrund eines behördlich verfügten Lockdowns zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen muss, trägt er nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und ist deshalb auch nicht verpflichtet, den Beschäftigten die Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen.

Vertragsrecht

Der neue Widerrufsjoker zum Autokredit!

[EuGH Urt. v. 09.09.2021]

In diesem Urteil widerspricht der Europäische Gerichtshof der Auffassung des Bundesgerichtshofs und stellt klar, welche Informationsanforderungen im Rahmen eines Autokredites die kreditgebende Bank bei Vertragsschluss erfüllen muss.

Dieses Urteil führt nunmehr zu einer Chance für Millionen Autokreditvertragskunden, den Autokredit zu widerrufen und sogar auch die gezahlten Autokreditraten zurückzufordern.  

Der EuGH hat darüber hinaus auch verdeutlicht, dass die Einrede der Verwirkung diesmal nicht greift.

Gerne beraten wir Sie zu Ihrem Autokreditvertrag und überprüfen Ihre Chancen.

Arbeitsrecht

Nicht immer taugt der gelbe Schein als Beweis

Wird der Arbeitnehmer gekündigt und meldet dieser sich dann bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krank, kann er damit rechnen, dass sein Gehalt entsprechend gekürzt wird. In einem Prozess muss der Arbeitnehmer gegebenenfalls dann zum gelben Schein noch einen zusätzlichen Beweis anführen, um seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeurteilt zu bekommen.

So entschied das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil [5 AZR 149/21].

Familienrecht

Wenn das unterhaltsberechtigte Kind in einem laufenden Unterhaltsverfahren volljährig wird,

wird das gesamte Verfahren, welches in der Regel von dem betreuenden Elternteil geführt wird, rückwirkend unzulässig, wenn das Kind das Verfahren nicht weiter führen möchte.

Es gibt jedoch Wege, dennoch rückwirkend den Unterhalt einzufordern.

Frau Rechtsanwältin Lomp berät Sie hierzu gerne. Vereinbaren Sie einen Termin mit uns.

Arbeitsrecht

Aus befristet wird unbefristet

Aus einem befristeten Arbeitsverhältnis kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. 

Das geschieht grundsätzlich dann, wenn die Arbeit nach dem vertraglich festgesetzten Datum in Kenntnis des Arbeitsgebers in gleicher Form fortgeführt wird und der Arbeitgeber nicht ausdrücklich der Weiterbeschäftigung widerspricht.

Familienrecht

Keine nachträgliche Vollstreckbarkeit privater Umgangsvereinbarungen

Wenn Sie eine außergerichtliche und einvernehmliche Regelung zum Umgang treffen, kann aus dieser nicht vollstreckt werden, wenn gegen diese Vereinbarung verstoßen wurde. Hierzu benötigen Sie vor allem eine gerichtliche Billigung einer Umgangsvereinbarung.

Eine gerichtliche Billigung ist aber nur dann möglich, wenn ein Antrag bei Gericht zu einer bestimmten Umgangsregelung gestellt worden ist.

Ein Verstoß gegen private außergerichtliche Umgangsvereinbarungen kann daher allenfalls zu Schadensersatzansprüchen bei Vermögensschäden führen.

Wenn Sie eine vollstreckbare Umgangsregelung begehren, dann wenden Sie sich gerne an uns.

Vertragsrecht

Parship darf Kunden trotz Widerruf zur Kasse bitten

[BGH Urt. 17.06.2021, Az. III ZR 125/19]

Online-„Singlebörsen“ wie Parship oder ElitePartner haben – anders als klassiche Partnerschaftsvermittlungsinstitute – einen einklagbaren Anspruch auf Vergütung. 

Bei der Online-Partnervermittlung besteht die Leistungspflicht der Plattformen im Kern darin, ihren Usern einen unbeschränkten Zugang zur Plattform zu gewähren, auf der diese aus eigener Initiative einen Kontakt zu potentiellen Partnern herstellen können.

Der Wertersatz wurde jedoch auf 1,46 Euro (Für einen Tag der Leistung) herabgesetzt. Das folge aus dem Grundsatz, wonach die Berechnung zeitanteilig zu erfolgen habe, so der BGH. 

Haben Sie Fragen? Wir beraten Sie gerne!

Arbeitsrecht

Der neue Azubi – „Mindestlohn“ für einen Ausbildungsbeginn ab dem 01.01.2020

Allen Auszubildenen, die ihre Tätigkeit nach dem 31.12.2019 begonnen haben, ist nach der Erneuerung des Berufsbildungsgesetzes fortan ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn zu gewähren. Er beginnt bei Tarifungebundenheit mindestens bei 515 EUR, wobei Sachleistungen angerechnet werden können.

Haben Sie Fragen? Wir beraten Sie gerne!

Verkehrsrecht

Zu den Desinfektionskosten als Position des Schadensersatzes für die Reparatur eines verunfallten Fahrzeuges

Stellt die Werkstatt bei der Reparatur eines verunfallten Fahrzeuges während der Pandemie Reinigungs- und Desinfektionskosten in Rechnung, sind diese gemäß § 249 Abs. 1 BGB erstattungsfähig.

Das Amtsgericht Frankenthal hat mit Urteil vom 12.4.2021 entschieden, dass die Desinfektionsmaßnahmen bei der Instandsetzung des Fahrzeuges erforderlich gewesen sind.

Der BGH orientiert sich bei der Schadensbetrachtung nicht nur an den objektiven Kriterien. Der Begriff der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweitert den Schadensbegriff auch um eine subjektive Komponente. Danach darf der Geschädigte diejenigen Kosten ersetzt verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.

[AG Frankenthal Urt. v. 12.04.2021]
Vertragsrecht

Zum Zustimmungserfordernis der Bankkunden bei Ankündigung der Änderung der allgemeinen Geschäftsbedingungen

Folgt von einem Bankkunden auf die Ankündigung von Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Reaktion, kann hieraus keine Zustimmung geschlussfolgert werden. Das entschied der  Bundesgerichtshof am 27.4.2021.

[BGH Urt. 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20]

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) obsiegte in einem Verfahren gegen die Postbank vor dem Bundesgerichtshof: Der XI. Zivilsenat entschied vor einer Woche, dass Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank unwirksam sind, wenn diese ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden fingieren.

Familienrecht

Zur Rechtmäßigkeit eines Corona-Schnelltests als Voraussetzung für den Präsenzschulunterricht; Gerichte bestätigen Test- und Maskenpflicht für Präsenzschulkinder

Die Oberverwaltungsgerichte Magdeburg, Lüneburg und Mecklenburg-Vorpommern haben kürzlich entschieden, dass die Verordnungen bzw. die Allgemeinverfügungen, die eine Teilnahme am Präsenzunterricht nur durch eine elterliche Zustimmung zur Teilnahme des Kindes an einem in der Schule unter Aufsicht durchgeführten Antigen-Schnelltest oder der Nachweis eines entsprechenden zu Hause durchgeführten Tests gestatten, rechtmäßig sind.

[FamRZ, Mitteilung vom 21.04.2021]
Arbeitsrecht

Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Rechts der Befristung von Arbeitsverträgen

Am 14.4.2021 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter der Leitung des amtierenden Bundesarbeitsministers Heil einen Gesetzesentwurf zur Änderung des allgemeinen Befristungsrechts vorgelegt. 

Bestandteil des Entwurfes sind insbesondere Verschärfungen bei sachgrundlosen Befristungen und „Kettenbefristungen“. So soll ein Arbeitsverhältnis künftig max. für 18 Monate anstatt für zwei Jahre sachgrundlos befristet werden können. Ferner sollen Unternehmen mit mehr als 75 Beschäftigten mit höchsten 2,5 Prozent der Beschäftigten sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abschließen dürfen.

„Es gibt zu viele willkürlich befristete Arbeitsverträge, die vor allem für junge Menschen große Unsicherheiten in der Lebensplanung bedeuten“, sagte der SPD-Politiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Für Beschäftigte – vor allem Berufseinsteiger – bedeuteten sachgrundlose Befristungen Unsicherheit und oft weniger Einkommen. Viele Befristungen seien häufig nicht betrieblich notwendig, sondern nur Mittel zur Umgehung des Kündigungsschutzes. „[Quelle: Tagesschau vom 15.04.2021- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/heil-befristungen-101.html]

Verkehrsrecht 

Fehlverhalten in der Waschstraße bei einem Bremsmanöver im laufenden Waschbetrieb und bei nicht rechtzeitigem Verlassen der Waschstraße

[Oberlandesgericht ZweibrückenUrteil vom 27.01.2021 – 1 U 63/19 -]

Verlässt der Vordermann nicht rechtzeitig die Waschstraße, weil dieser nicht gleich beim ersten Startversuch angesprungen ist, kann hieraus eine anteilige Haftung an der Beschädigung des Fahrzeuges des Hintermannes entstehen, auch wenn keine Kollision zwischen den Fahrzeugen eingetreten ist. Dies hat das zitierte Oberlandesgericht entschieden. Der Hintermann befürchtete aufgrund des zu späten Verlassens des Vordermannes eine Kollision, bremste derart stark, dass dieser das Förderband verließ und mit den Gerätschaften der Waschstraße zusammenstieß.

Aufgrund der Tatsache, dass jedem Besucher einer Waschstraße bekannt sei, dass ein Bremsen während des Waschvorgangs nicht gestattet ist und auch aufgrund der Warnhinweise vor Betreten der Waschanlage hat das Oberlandesgericht eine Haftungsverteilung zu 70 % für den Hintermann und zu 30 % für den Vordermann entschieden. Die Haftung des Vordermannes folgt aus der Betriebsgefahr, weil der Fahrer versuchte mit der Motorkraft die Waschanlage zu verlassen. Eine Gefahr durch die Waschanlage lag nicht mehr vor. 

Familienrecht

Die Aufhebung einer bereits bewilligten Verfahrenskostenhilfe kann zu einer Besorgnis der Befangenheit des Richters führen

[Oberlandesgericht Oldenburg mit seinem Beschluss. v. 19.11.2020, Az. 11 WF 259/20]

Weigert sich ein Elternteil einer Begutachtung seiner Erziehungsfähigkeit im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens und wird aus diesem Grund eine bereits bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufgehoben, kann der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass niemand gezwungen werden dürfe, sich zur Frage der Erziehungsfähigkeit begutachten zu lassen. Betroffen ist hierbei das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Das Oberlandesgericht erkennt eine Verknüpfung mit der unterbliebenen Mitwirkung des Betroffenen Elternteils an der Begutachtung und der Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe als so gravierend verfahrensfehlerhaft, dass der Betroffene den Eindruck gewinnen musste, dass sich der abgelehnte Richter leichtfertig über seine grundrechtlich geschützte Position hinwegsetzt. Damit ist das Misstrauen in die Unparteilichkeit des erkennenden Richters begründet.

Arbeitsrecht

Abschied vom „gelben Schein“

Mit einer Gesetzesänderung sind Ärzte und Ärztinnen ab 2021 verpflichtet, die Daten zur Arbeitsunfähigkeit ihrer Patienten und Patientinnen direkt und digital an die Krankenkasse und an den Arbeitgeber zu versenden.

Hiermit soll ein hoher bürokratischer Aufwand verschlankt werden.

Geplant war die Gesetzesänderung zum 01.01.2021. Aufgrund des enormen technischen Aufwandes ist jedoch erst mit einer Gesetzesänderung zum 01.10.2021 hinsichtlich der Übermittlung der elektronischen Daten an die Krankenkasse und eine Änderung zum 01.07.2022 zur Versendung der elektronischen Daten von den Krankenkassen an den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zu rechnen. Dies wird in Zukunft bedeuten, dass weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sich umständlich um eine Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bemühen müssen.

Arbeitsrecht

Krankheitsfall während der Instanzen in einem Kündigungsschutzprozesses

[Bundesarbeitsgericht mit seinem Urt. v. 27.5.2020, Az. 5 AZR 247/19]

Der Grundsatz heißt: „Ohne Arbeit kein Lohn“.

Dieser Grundsatz wird jedoch durch Ausnahmen gelockert. Erkrankt der Arbeitnehmer, liegt ein gesetzlicher Feiertag vor oder wird der Urlaub in Anspruch genommen, erhält der Arbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung, von Gesetzes wegen, den vereinbarten Lohn.

Zu der Frage, ob ein Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer während eines Kündigungsschutzprozesses über mehreren Instanzen erkrankt, durfte sich das Bundesarbeitsgericht mit o.g. Urteil befassen.

Das BAG hat hierzu an seine frühere Rechtsprechung festhaltend entschieden, dass der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses (Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung in erster nicht rechtskräftiger Instanz, was zur Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses bis zu einer endgültigen rechtskräftigen Entscheidung in den Rechtsmittelinstanzen führte) keinen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts im Krankheitsfall (§ 3 EFZG), noch auf einen Lohn an den angefallenen Feiertagen (§2 EFZG) hat.

Der Kläger ist im Zeitraum des Prozessbeschäftigungsverhältnisses kein Arbeitnehmer im Sinne des EFZG gewesen.

Verkehrsrecht

Sperrzeit wegen Verlust des Führerscheins

Ist der Verlust der Fahrerlaubnis der Grund einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so ist eine darauf folgende Sperre des Arbeitslosengeldes durch die Bundesagentur für Arbeit, aufgrund einer verhaltensbedingten Kündigung rechtmäßig.

[Sozialgericht Stuttgart, Urt. v. 30.9.2019, Az. S 3 AL 6956/18]

Die Entziehung der Fahrerlaubnis trifft hart. Welch weitreichende Konsequenzen diese Maßnahme auch hat, zeigt sich durch das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart. Diese Erfahrung musste ein Taxifahrer machen, dem wegen einer Verkehrsstraftat die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, woraufhin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wurde. Zusätzlich verhängte die Arbeitsagentur im Anschluss daran eine Sperrfrist von zwölf Wochen und verweigerte für diesen Zeitraum die Auszahlung des Arbeitslosengeldes, da der Taxifahrer den Grund seiner Kündigung selbst zu vertreten hatte. Das Sozialgericht Stuttgart (Urteil vom 30.9.2019, Az. S 3 AL 6956/18) wies die Klage des Taxifahrers gegen die Sperrzeit ab.

Arbeitsrecht

Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von 5.000,- EUR

Die in einer Stellenanzeige abgegebene Aufforderung, die Konfession anzugeben, ist ein ausreichendes Indiz für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nach § 22 AGG.

[ArbG Karlsruhe v. 18.09.20, 1 Ca 171/19]

In diesem Urteil konnte die Kirche aus Arbeitgeberposition mit der Behauptung, die Auswahlentscheidung sei allein nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden, eine Benachteiligung wegen der Religion der atheistischen Bewerberin nicht widerlegen.

Familienrecht

Ordnungsgeld wegen Umgangsverweigerung in Corona-Zeiten

1. Von einem gerichtlich geregelten Umgang darf ein Elternteil nicht einseitig abweichen.

2. Ein durch Beschluss des Familiengerichtes geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen
    Elternteilt darf ohne rechtfertigende (Eil-) Entscheidung des Familiengerichtes im Rahmen
    eines Abänderungsverfahrens auch nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen
    wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden.

3. Gegen ein Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.07.2020 – 1 WF 102/20 (AG Langen (Hessen))