In Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung zu fahren, ist verboten
[BGH v. 10.10.2023 – VI ZR 287/22]
Das Vorschriftszeichen 220 i.V.m. § 41 Abs. 1 StVO ordnet an, dass in einer Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung gefahren werden darf. Es ist auch verboten, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung rückwärts zu fahren. Kein unzulässiges Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung ist lediglich das (unmittelbare) Rückwärtseinparken („Rangieren“) – ebenso wie das Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf die Straße. Diese Klarstellung hat in einem Rechtsstreit die Rechtsfrage beseitigt, ob der Anscheinsbeweis greift, wenn beim Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße ein Unfall verursacht wird.
Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen einen Geschehensablauf voraus, bei dem sich nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um einen Sachverhalt handeln, für den nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spreche kein Beweis des ersten Anscheins für einen schuldhaften Verstoß des Klägers gegen § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1 StVO. Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der Rückwärtsfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist und dadurch den Unfall (mit-)verursacht hat. An der für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität fehlt es hier jedoch schon deshalb, weil die Beklagte zu 1) unzulässigerweise rückwärts in die Einbahnstraße eingefahren ist. Es gibt keinen Erfahrungssatz, der den Schluss zuließe, dass den Kläger unter diesen Umständen ein Verschulden trifft, wenn er aus der Grundstückszufahrt rückwärts in die Einbahnstraße einfährt.
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Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen einen Geschehensablauf voraus, bei dem sich nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um einen Sachverhalt handeln, für den nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spreche kein Beweis des ersten Anscheins für einen schuldhaften Verstoß des Klägers gegen § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1 StVO. Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der Rückwärtsfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist und dadurch den Unfall (mit-)verursacht hat. An der für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität fehlt es hier jedoch schon deshalb, weil die Beklagte zu 1) unzulässigerweise rückwärts in die Einbahnstraße eingefahren ist. Es gibt keinen Erfahrungssatz, der den Schluss zuließe, dass den Kläger unter diesen Umständen ein Verschulden trifft, wenn er aus der Grundstückszufahrt rückwärts in die Einbahnstraße einfährt.
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