Zu den Anforderungen eines gerichtlichen Entzugs des Sorgerechts
-Bundesverfassungsgericht, Beschluss 1 BvR 2297/24, vom 18.11.2024-
In Verfahren nach § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) steht das Kindeswohl im Mittelpunkt. Gerichte können Maßnahmen ergreifen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht in der Lage oder willens sind, diese Gefahr abzuwenden. Ein solcher Eingriff in das elterliche Sorgerecht stellt einen erheblichen Eingriff in das grundrechtlich geschützte Elternrecht dar und muss daher sorgfältig begründet werden.
Am 18. November 2024 entschied das Bundesverfassungsgericht (Beschluss 1 BvR 2297/24) über eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen den vollständigen Entzug des elterlichen Sorgerechts richtete. Das Gericht nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an, betonte jedoch die hohen Anforderungen an die Begründung solcher Entscheidungen.
Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass bei Maßnahmen nach § 1666 BGB, die zu einer Trennung des Kindes von seinen Eltern führen, die Fachgerichte verpflichtet sind, die dem Kind drohenden Schäden konkret zu benennen. Dies umfasst die Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefährdung. Nur so kann geprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung der fachrechtlichen Anforderungen den strengen verfassungsrechtlichen Maßstäben des Art. 6 Abs. 3 Grundgesetz (GG) genügen.
Zudem müssen die Gerichte darlegen, warum weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gefahr abzuwenden. Dies entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der besagt, dass Eingriffe in Grundrechte nur dann zulässig sind, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen.
In der Praxis bedeutet dies, dass Gerichte in ihren Entscheidungen detailliert auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls eingehen müssen. Pauschale oder unzureichend begründete Aussagen genügen nicht, um einen so gravierenden Eingriff wie den Entzug des Sorgerechts zu rechtfertigen. Nur durch eine sorgfältige und umfassende Begründung kann sichergestellt werden, dass die Rechte der Eltern gewahrt und das Wohl des Kindes geschützt werden.
Dieser Beschluss des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen und individuellen Prüfung in Verfahren nach § 1666 BGB. Er dient als Leitlinie für Fachgerichte, um den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden und sowohl das Kindeswohl als auch die Elternrechte angemessen zu berücksichtigen.
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